Die Kosten der Klimakatastrophe

01. Jun. 2021 von Olof E. Matthaei

Gerne führen Politiker und manche ältere Unternehmenschefs gegen den Klimaschutz das Argument des Arbeitsplatzverlusts ins Feld. Andere Argumentationsschienen führen die Kosten der Klimaschutzmaßnahmen an: „Das können wir uns im internationalen Wettbewerb nicht leisten.“ Dabei wird es richtig teuer, dass wir die Maßnahmen vor uns her schieben.

Schon früher habe ich das Bild eines Autos bemüht, das ungebremst auf eine Wand zu steuert. Bremsen ist nicht mehr möglich, weil vorher die Eigentümer beschlossen haben, die kaputten Bremsen nicht zu reparieren, weil das ja Geld kostet, das dann für Kraftstoff fehlt. Der Wahnsinn dieser Handlungsweise ist uns leicht einsichtig. Doch im Zusammenhang mit der kommenden Klimakatastrophe machen wir es genau so. Wir rasen ungebremst weiter auf den Abgrund zu, der vermutlich den meisten von uns den Tod bescheren wird.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor einem Monat machte deutlich, dass wir Menschen füreinander, insbesondere für die kommenden Generationen Mitverantwortung tragen und nicht auf ihre Kosten den Planeten zerstören dürfen. Die Reaktion der Bundesregierung war sehr lapidar, ein paar neue Ziele zu formulieren. Die Wege der Zielerreichung sind nicht Thema der Gesetzgebung oder Administration. Dafür fühlt sich die Regierung nicht zuständig. Natürlich, es würde ja Einschnitte an allen Enden bedeuten und das wird als ungemütlich empfunden und die beschließenden Parteien werden nicht wieder gewählt.

Statt also Verantwortung für das Gemeinwohl zu übernehmen, wie es jedes Regierungsmitglied geschworen hat, werden nur kurzfristige Wiederwahlziele verfolgt.

Dabei gilt es, das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 (schon wieder sechs verlorene Jahre!) zu erreichen. Damals haben die Industrieländer beschlossen, gemeinsam dafür zu sorgen, dass die Erdoberfläche sich um maximal 2 K, besser noch weniger als 1,5 K erwärmen solle, um noch katastrophalere Auswirkungen zu verhindern.

Dank der leichten Corona-Depression ging tatsächlich auch in Deutschland der Ausstoß von CO2 leicht zurück, so dass die wenig ambitionieren Ziele des Klimaschutzplans erreicht wurden. Es hat sich aber strukturell nichts verändert. Mit dem Anziehen der Weltkonjunktur läuft die Verbrennung fossiler Treibstoffe jetzt wieder auf hohem Niveau weiter. Wir fahren schon fast wieder mit Vollgas – und ohne Verstand.

Zur Zeit liegt die Erderwärmung laut verschiedener Quellen wohl bei ca. 1,2 K gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Um das Ziel einer maximalen Erwärmung von 2 K noch erreichen zu können muss ziemlich sofort der Ausstoß von Treibhausgasen gestoppt werden. Das maximal noch mögliche Kontingent an CO2-Emissionen ist recht begrenzt. Je später der Degressionspfad beschritten wird, desto steiler muss er werden. Und steiler bedeutet: TEURER!
In der Entwicklung gibt es drei Phasen zu unterscheiden: Prävention, Anpassung und Reparatur. Von Phase zu Phase wird es teurer.

1. Vorbeugen

In der Präventionsphase werden vorbeugende Maßnahmen einer Transformation zu einem klimaneutralen Handeln umgesetzt. Das bedeutet eine Abkehr von fossilen Brennstoffen, eine Abkehr vom Wachstumszwang, eine Hinwendung zu Kreislaufwirtschaft und einer Ökonomie des Genug. Daneben kann auch die Bindung von CO2 aus der Atmosfäre hierzu gezählt werden, sofern dies rechtzeitig geschieht.

2. Anpassen

Hat sich das Klima dann bereits erheblich geändert, dann werden Anpassungsmaßnahmen erforderlich. Das sind z.B. höhere Deiche gegen das Wasser steigender Meere und gegen Flüchtlingsbewegungen, massive Änderungen in der Land- und Forstwirtschaft, neue Wege in der Trinkwassergewinnung, -speicherung.

3. Reparieren

Und wenn es dann zu spät ist, wenn das 2 K-Ziel schon gerissen ist und das Erdklima verrückt spielt, wird man versuchen es zu reparieren. Ausgang ungewiss. Man hat dann zu tun mit der Beseitigung der Schäden durch massenhafte Fluchtbewegungen und Kriege, Überschwemmung, Wassermangel, Dürren, Missernten, Gesundheitsschäden infolge Hitze, Waldbrände und Wüstenausbreitung. Das gesamte System der Biosphäre wird destabilisiert: Politische Systeme werden fallen, individuelle Freiheiten verschwinden, die Biodiversität wird zurückgehen und die Anfälligkeit von Menschen und anderen Ökosystemen für Krankheiten steigen.

Die Kosten werden von Stufe zu Stufe steigen. Wir kennen diese Kurve aus dem Bau eines Gebäudes. Am Anfang kann man noch mit relativ geringen Kosten in die Konzeption eingreifen, je mehr bereits gebaut wurde, desto teurer sind Planänderungen und desto geringer ist die Einflussmöglichkeit. Ebenso steigen die Kosten vom präventiven Klimaschutz über die Klimaanpassung bis zu den vermutlich aussichtslosen Versuchen einer Reparatur der Erde nach der Klimakatastrophe. Nach einem Totalschaden steht eben doch meist das Verschrotten. Dem Universum wird es gleichgültig sein, ob ein verbrannter Planet mehr seine Bahnen zieht.

Abbildungsnachweise:
Weiter so, Karrikatur: Gerhard Mester, SFV.de, heruntergeladen 2021
Emissionspfad zum Erreichen des Klimaschutzziels, Grafik: Stefan Rahmstorf – < CC BY-SA 4.0, Link
Kosten:Einfluss-Zusammenhang, Grafik: IB Matthaei 2021

Weitere Artikel zum Thema Klimaerwärmung, -folgen, -politik
Information des Umweltbundesamtas zu Klimafolgen und Anpassung
Artikel vom 30.04.2021: Klimaschutz hat Verfassungsrang
Artikel vom 18.09.2019: Klimaschutz durch Gebäudesanierung
Artikel vom 07.01.2018: Klimaschutz als Welt verbindende Utopie

Ingenieurbüro Matthaei
Menü