Kaltfall – Was ist denn das?
Es gibt ein schönes Wort, das wir auch in der Energieberatung oft verwenden: Kaltfall. Das im Schwedischen übliche Wort ist im Deutschen nahezu unbekannt, obwohl es die klarste Beschreibung eines physikalischen Phänomens ist. Ich möchte es daher hier etwas bekannter machen. Möge es als Mem auch in die deutsche Sprache Einzug halten. Jedenfalls so lange es noch alte Fenster gibt.
Es geht um Fenster. Allgemeiner geht es um kalte, senkrechte Flächen in beheizten Räumen. Ist die Lufttemperatur im Raum z.B. 20°C und die Außentemperatur -10°C, dann ist vor einer Einfachglas-Scheibe die Innentemperatur ca. -5°C. Also 25 Kelvin unter der Temperatur der Raumluft. Die Luft ist dann statt 1,20 kg/m³ 1,31 kg/m³ schwer (außerdem bilden sich hübsche Eisblumen, aber das ist hier irrelevant). Die kalte Luft wird also absinken, weil sie spezifisch schwerer als die Umgebungsluft ist. Direkt vor der Scheibe findet ein Abfall kalter Luft statt: Der Kaltfall.
Hat man nun statt der antiken Einfachglas-Scheibe ein Fenster mit Isolierverglasung der 1970er Jahre (Ug = 2,9 W/m²K), dann wird die Temperatur der Innen-Oberfläche immerhin bei rund +5°C liegen (Die Kondensation auf der Scheibe berücksichtigen wir nicht). Die Dichte liegt dann bei 1,26 kg/m³, also immer noch erheblich höher als die der Raumluft. Wieder gibt es einen Kaltfall, aber diesmal schon etwas weniger stark.
Setzen wir nun ein neues Fenster mit dreifacher Wärmeschutz-Verglasung ein (Ug = 0,6 W/m²K), dann bekommen wir eine Innen-Oberflächentemperatur von etwa 17°C (jetzt findet auch sicher keine Kondensation mehr statt). Die Dichte steigt nur von 1,20 auf 1,21 kg/m³. Das Fallen der Luft ist damit nicht mehr gegeben.
Hat man aber noch die älteren Fenster, dann ist der Kaltfall ja nicht auf zwei Zentimeter vor der Scheibe begrenzt. Die kalte Luft fällt auf den Boden und dringt tief in den Raum ein, bis sie aus dem Fußboden und durch die Verwirbelung mit der warmen Raumluft genug Wärme aufgenommen hat. Unsere auf dem Fußboden stehenden Füße werden von der kalten Luftströmung ebenfalls unangenehm abgekühlt.
Neben der „Kältestrahlung“ vom Fenster ist der Kaltfall ein wichtiges Argument für den Austausch alter Fenster.
Abbildungsnachweis:
Kaltfall vor bodentiefem Fenster, Grafik: IB Matthaei, 2022
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