Sommerlicher Hitzeschutz – Pflichtthema

Hitzeperiode verdeutlicht die Dringlichkeit des sommerlichen Hitzeschutzes

Sonne sattDurch den Klimawandel nehmen Hitzeperioden zu. Gerade momentan erleben wir, welche Zukunft auf uns zukommen könnte. Temperaturen wie in den besten Urlaubsregionen Spaniens, Sonnenschein von früh bis spät, kaum Abkühlung in der Nacht. Die Häuser sind aufgewärmt und gerade bei gut Wärme gedämmten Häusern kommt die Wärme überhaupt nicht mehr heraus.

Gerade unter Dächern ist das Problem noch stärker. Die Sonne knallt auf Dachflächenfenster ohne Sonnenschutz, die Wärme fängt sich unter dem Dach, die leichte Konstruktion aus Holz, Dämmwolle und Gipskarton kann die Wärme nicht aufnehmen, lässt sie aber auch nachts kaum heraus.

Die Problematik ist nicht neu und es gibt viele Lösungen dafür. Leider werden jedoch gute bauliche Lösungen oft schon im Planungsstadium aus gestalterischen oder Kostengründen gestrichen. Später werden dann kleine Split-Kühlanlagen (fälschlicherweise oft Klimaanlagen genannt) eingebaut, um die am schlimmsten betroffenen Wohn- und Schlafzimmer überhaupt bewohnbar zu halten.

Angenehmes Wohnen bei jedem Wetter

Sonnenschutz auf FassadeIn Mitteleuropa leben wir in einem kühl gemäßigten bis warm gemäßigten Klima. Bei Jahresmitteltemperaturen von ca. 9°C in Wuppertal besteht in der Jahresbetrachtung überwiegend ein Heizbedarf. Manchmal gibt es sogar im Juni noch Schnee und die meisten Heizungen stehen ganzjährig in standby. Daneben gibt es aber auch schwüle Perioden mit häufigen Gewittern, hoher Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen oder – wie eben momentan – regelrechten Hitzeperioden mit wochenlang sehr hohen Tagestemperaturen und Nachttemperaturen die gerade in den Städten noch deutlich über 20°C liegen. Autofahren ist dabei geradezu eine Erleichterung, weil mittlerweile praktisch alle Autos über Kühlanlagen (Auch hier wieder der falsche Begriff: Klimaanlagen) verfügen.

Dabei könnte es anders sein. Zu den Standardaufgaben der Energieplanung für Neubauten zählt neben der Bilanzierung über die Heizperiode auch die Planung des sommerlichen Hitzeschutzes. Dabei wird anhand der wesentlichen Eigenschaften des Gebäudes für einige oder alle Räume abgeschätzt, ob die Außentemperatur und Sonneneinstrahlung zu hohe Temperaturen in den Räumen hervorrufen. Ergibt sich, dass die Räume kritisch im Hinblick auf Überhitzung sind, kann an der Architektur (z.B. kleinere Fenster, schwerere Bauteile) oder dem Sonnenschutz gearbeitet werden.

Das Ziel ist, den Sonnenschutz bzw. den sommerlichen Überhitzungsschutz möglichst passiv zu realisieren. Also nicht mit Strom fressenden Kältemaschinen. Sondern mit einfachen Mitteln, die manuell oder mit kleinsten Motoren eingestellt werden und dann ohne weiteres Zutun die Räume schützen. Wie das nebenstehende Bild zeigt, kann das auch in das gestalterische Konzept strukturierend und dekorierend auf der Fassade einfließen.

Der Planungsweg für den sommerlichen Hitzeschutz

Wie Vieles am Bau (ob Neubau oder Sanierung) ist auch der sommerliche Wärmeschutz eine Gemeinschaftsaufgabe. Die architektonische Planung wird von der energetischen Planung begleitet. Auch der Statiker wird bei manchen Aufgaben nachrechnen müssen, ob die vorgeschlagenen Ideen z.B. dem Wind standhalten. Die Industrie stellt Teile her, die direkt verwendet werden können oder zur für das Objekt passenden Lösung zusammengefügt werden können.

Abkühlung mit WasserNatürlich kann man bei 35° im Schatten auch unter dem Baum sitzen und die Füße ins kühle Nass stecken, um zumindest den Körper auf Betriebstemperatur zu halten. Aber das kann nur eine Notlösung sein. Wünschenswert ist eine Schlafzimmertemperatur von nicht mehr als 23°C und in anderen Wohnräumen nicht über 26°C. Wie aber lässt sich das realisieren?

Der Gedankengang des Energieberaters orientiert sich, stark vereinfacht, an folgenden Fragen:
Woher kommt die Sonne in den Raum? Welche Wärmeeinträge und internen Wärmequellen gibt es?
Wie viel Wärme kann der Raum in seinen Bauteilen aufnehmen?
Welche Temperaturen stellen sich im Hochsommer voraussichtlich ein?
Wie kann der Raum wieder auskühlen? Gibt es die Möglichkeit der verstärkten Lüftung zu kühleren Zeiten?
Wie können Fenster gegen solare Einstrahlung geschützt werden?
Gibt es weitere Möglichkeiten, zu kühlen, ohne Kältemaschinen zu installieren.

Einige Lösungskonzepte

Standardlösungen:
außen liegende Jalousien, Klapp- und Schiebeläden, Vordächer, Sonnenschutzverglasung

Weniger effizient:
innen liegende Jalousien, Markisen, Innenrollos

… und wenn es dann doch noch nicht reicht:
Lüftungsanlage mit adiabater Kühlung,
Vorkühlung der Außenluft zur Lüftungsanlage mit Erdwärmetauscher oder Sole aus der Erdsonde,
Bauteilkühlung mit Heizungswasser und Wärmeabfuhr in die Erdsonde,
Eisspeicher als Wärmequelle einer Wärmepumpen-Heizanlage.

Diese kurzen Stichpunkte zeigen bereits, dass Nachrüsten selten einfach möglich ist. Darum kommen dann eben doch oft die Kompressorkühlanlagen zum Einsatz, die in einer Außeneinheit Kältemittel komprimieren und die Wärme an die Luft abgeben, im Innern wird das Kältemittel verdampft und dabei Wärme aus dem Raum aufgenommen. Eine kleine Bohrung in der Wand, ein Stromanschluss mit 230 V, 3×1,5 mm², das sind die geringen Eingriffe, die nötig sind. Dann ist man stolzer Besitzer einer Anlage, die mit ihrem Lärm im Außenraum die Nachbarn genauso bis zur Weißglut ärgern kann, wie ein Laubbläser oder Hochdruckreiniger. Den Strom beziehen wir aus dem Netz und emittieren dafür ca. 500 g/kWh an Kohlendioxid.

In richtig geplanten Gebäuden ist das Thema dagegen gar nicht mehr so groß. Das Klima ist sommers wie winters in Ordnung.

Bei Ihnen nicht? Dann machen sie es doch so, wie die Nachbarin auf dem Bild: Stecken sie die Füße in den Wassereimer und tun Sie möglichst nichts! Bald ist Herbst und kein Mensch denkt mehr daran, den sommerlichen Wärmeschutz zu planen. Keiner? Doch, einer: Ihr Energieberater wird bei jedem Projekt den sommerlichen Hitzeschutz mit betrachten.

Abbildungsnachweise:
Alle Fotos: O.Matthaei, 2016-2018

Weitere Beiträge zum Thema sommerlicher Hitzeschutz:

Artikel vom 04.03.2016: Wärme ist Lebensqualität
Fachbeitrag: Sommerlicher Wärmeschutz

Ingenieurbüro Matthaei