Erneuerbare Energie in der Heizung
Wie geht es voran mit der Deckung des Heizwärmebedarfs aus erneuerbaren Quellen?
Während die Stromproduktion von Jahr zu Jahr mehr Anteile aus erneuerbaren Quellen decken kann, schafft es die Wärmewende nicht von der Stelle.
Alte Öl-Heizkessel, wie der rechts auf dem Bild aus dem Jahr 1990 sollen zwar abgeschafft werden, die Realität ist aber, dass sie weiterhin in den meisten Heizkellern als Hauptwärmeerzeuger zuverlässig ihren Dienst tun. Die Förderpolitik der Bundesregierung hat sich dramatisch geändert. Der Austausch so eines alten Schätzchens gegen einen neuen, effizienteren Gas-Brennwertkessel reicht nicht mehr als Fördergrund. Nur noch Heizanlagen, in denen erneuerbare Energiequellen mindestens einen nennenswerten Anteil decken, sind förderfähig. Und dann tatsächlich mit bis zu 50% der Investitionskosten.
Die Menschen wollen die Energiewende – Die Politik bremst
Viele sanierungswillige Bauherren sprechen uns auch genau darauf an. Fridays for Future sei Dank, haben viele Menschen mittlerweile erkannt, dass es so nicht weitergehen kann, und möchten die Gunst der Stunde nutzen und – mit satten Fördermitteln unterstützt – eine Wärmepumpe oder Holzpellets-Heizung installieren. Auch in den Unternehmen wächst der Wille, die Beheizung auf Erneuerbare umzustellen. Die Energieende scheint von den Menschen deutlicher gewollt zu sein, als von der Politik.
Die folgende Grafik zeigt jedoch, dass der Erfolg noch gering geblieben ist.
Sowohl im Verkehrsbereich als auch im Wärmebereich bleibt das Wachstum der Erneuerbaren aus.
Woran liegt das?
Darum findet die Wärmewende nicht statt
Ein Erklärungsansatz ist, dass die Verweildauer von alten Heizkesseln sehr hoch ist. Immer wieder treffen wir Energieberater auf Heiz-Anlagen, die dreißig Jahre und älter sind. Die jüngeren Brennwertkessel sind meist schon nach 15 Jahren durch, die alten Kessel halten und halten. Alle zwanzig Jahre mal einen neuen Brenner einbauen und er fährt wieder. Von den Schornsteinfegern kommen wenig Klagen, schließlich stimmen die Abgaswerte und meist sind es ja doch Niedertemperaturkessel, wie oben auf dem Bild der 31 Jahre alte Kessel, mit Außentemperaturfühler und einer guten, analogen Regelung. Damit entfällt das Weiterbetriebsverbot nach EnEV bzw. GEG. Wenn man dann aber auf den Jahresnutzungsgrad schaut (Verhältnis von abgegebener Nutzenergie zu eingesetztem Brennstoff) dann sind 85% doch eher mau. Dennoch fährt man natürlich einen funktionierenden Kessel gerne weiter.
Ein weiterer Ansatz sind die ausgebuchten Handwerksunternehmen. Egal ob es um Fenstertausch, Dachdämmung oder Heizungserneuerung geht, alle Handwerker sind auf Monate hinaus voll ausgebucht. Neue Mitarbeiter zu finden gelingt ebenfalls nicht mehr. Ausbilden, um zukünftig Mitarbeiter zu haben, macht erstmal viel Arbeit. Das Resultat sind steigende Preise und frustrierte Bauherren.
Die Baustoffpreise steigen ebenfalls. Selbst wenn der Hausbesitzer die Arbeiten selber machen will, rauft er sich ob der gestiegenen Preise die Haare. Da andererseits die Energiepreise weiterhin auf niedrigem Niveau liegen, sieht der Sanierungswillige auch keinen wirtschaftlichen Nutzen. Er/Sie fühlt sich allein gelassen, von der Industrie, von den Handwerkern und, ja, auch von uns Energieberaterinnen. Schließlich geht der Boom der Baubranche auch an uns nicht vorbei und wir müssen Anfrager auf Termine drei Monate in der Zukunft vertrösten. Leider fällt den wenigsten ein, sich rechtzeitig um alle Beteiligten zu bemühen.
In Mehrfamilienhäusern gibt es auch mehr Probleme
Noch ein Thema ist, dass zwar im Neubau und bei Einfamilienhäusern der Wille zum Einsatz erneuerbarer Energien da ist, nicht aber bei den Mehrfamilienhäusern. Und die machen einfach den größten Anteil des Gebäudebestands in Deutschland aus.
Der Einsatz von Wärmepumpen, Solaranlagen und Pelletsheizungen in Mehrfamilienhäusern scheitert auf der ganzen Linie. Soll mit Wärmepumpen ein Haus versorgt werden, dann ist es von großem Vorteil, wenn die Systemtemperaturen (Vor-/Rücklauf der Heizung) niedrig sind. Erklärungen hierzu finden sich auch im Fachbeitrag Luftwärmepumpe oder Erdwärme anzapfen. Wird ein Haus gedämmt, dann klappt es oft mit den Bestandsheizkörpern. Bleibt es aber bei der hohen Heizlast des ungedämmten Hauses, dann müssten die Heizkörper im ganzen Haus auf einmal ausgetauscht werden. Davor scheuen sowohl Vermieter als auch Eigentümergemeinschaften zurück.
Für Solaranlagen fehlt manchmal der Platz, oft aber nur der Willen. Der Nutzen ist im Mehrfamilienhaus auch oft deutlich geringer als im Einfamilienhaus.
Holzpelletsheizungen brauchen eine stärkere Überwachung als Öl- oder Gaskesselanlagen. Nicht nur das Nachbestellen des Brennstoffs muss klappen. In schlecht konstruierten Anlagen muss auch mal eine verstopfte Pelletssaugleitung oder eine festgesetzte Förderschnecke befreit werden. Das Risiko erscheint den Eigentümern oft als zu hoch.
Dazu kommt gerade bei vermieteten Wohnungen, dass der Vermieter die Heizanlage kaufen muss, der Mieter aber die Energiekosten trägt. Kein Anreiz für Vermieter zu experimentieren.
Wie kann es weitergehen?
Wir brauchen weiter Öffentlichkeitsarbeit für die Energiewende. Das vor gut einer Woche gesprochene Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu mehreren Klimaklagen hat eine Öffentlichkeit geschaffen, die zuvor in Jahrzehnten von Umweltschutzorganisationen vorbereitet wurde. Eben jenen Verbänden, denen das Bundesverfassungsgericht das Recht zum Klagen abgesprochen hat. Lediglich die Einzelpersonen durften ihre Rechte einklagen. Das können sie aber nur mit den Verbänden im Rücken. Ist das schizophren vom Gericht? Der Aufruhr, den die Bewegung der Jugendlichen mit ihren Freitagsdemonstrationen (erinnern Sie sich noch, wie vehement die FDP diese Schuleschwänzer bekämpft hat?) hervorgerufen hat, war nur ein vorläufiger Höhepunkt.
Das Urteil des Verfassungsgerichts hat dazu geführt, dass jetzt die regierenden Parteien versuchen, ganz schnell eine scheinbare Erfüllung zu geben. Sie verschärfen die Ziele für 2030 und schreiben neue Ziele für die Zeit bis 2050, die genau wie alle früheren ohne jeden Halt in der Wirklichkeit bleiben. Es gibt keine Aussagen dazu, wie sie erreicht werden sollen. Es gibt keine begleitenden Maßnahmen des Bundes. Lediglich die Verteilung von Geld als Anreiz zum Sanieren fällt der Bundesregierung ein. Dass dieses Mittel ungeeignet ist, hat Olof Matthaei bereits 2017 in seinem Beitrag Fordern und Fördern beim Klimaschutz geschrieben.
Wir alle wollen die Energiewende – in allen Sektoren. Die elektrisch angetriebene Wärmepumpe, egal mit welcher Wärmequelle, ist ein gutes Mittel um die im Stromsektor gut produzierbare elektrische Energie aus Sonne oder Wind in den Häusern mit Umweltwärme zu verbinden. Damit dies auch geschieht braucht es politische Rahmenbedingungen, die genau das fördern, nämlich hohe Preise für fossile Energie und niedrige Preise für Strom aus erneuerbaren Quellen. Abschaffung der Preisaufschläge für EEG-Strom, die wohl doch mehr zur Subventionierung der Braunkohle dienen als zum Ausbau von PV- und Windstrom beitragen.
Und wir brauchen den eigenen Willen! Planen Sie für Ihr eigenes Haus die Energiewende. Wenn Sie Mieterin sind, dann sprechen Sie Ihre Vermieterin an. Wenn sie in einer Eigentümergemeinschaft sind, dann lassen Sie das Thema auf die Agenda für die nächste Eigentümerversammlung setzen. Fangen Sie rechtzeitig an. Lassen Sie sich Energie-beraten, damit der Plan von Anfang an eine gute Entwicklung nehmen kann.
Wir sehen uns hoffentlich bald. Bleiben Sie gesund!
Abbildungsnachweise:
Alter Öl-Heizkessel, Foto: O.Matthaei, 2021
Grafik „Erneuerbare Energien“, Quelle: Umweltbundesamt, AGEE-Stat, heruntergeladen von www.sonnenseite.com 2021
Weitere Beitrage zum Thema Klimaschutz und Erneuerbare Energie:
Artikel vom 30.04.2021: Klimaschutz hat Verfassungsrang
Artikel vom 29.04.2021: Klimaklage erfolgreich
Artikel vom 24.01.2020: BAFA-Förderung für Heizen mit erneuerbaren Energien