Brandschutz bei Fassadendämmung
Mit Feuer spielt man nicht!
Als Energieberater empfehle ich sehr häufig die Außendämmung mit expandiertem Polystyrolhartschaum (EPS) und Putz auf Armierungsgewebe. Dieses Wärmedämmverbundsystem ist ein kostengünstiges und probates Verfahren auf massiven Wänden, mit dem sehr viel Energie eingespart werden kann. Es gibt andere Dämmsysteme (z.B. Mineralwolle, Glasschaum, Holzfasern, Kork, Zellulosefasern etc.), die alle ihre Berechtigung und ihren Anwendungsbereich haben. Immer wieder trifft mich die Frage, ob es denn überhaupt vertretbar sei, mit Styropor zu dämmen. Das Brandrisiko dieser Art von WDVS mit EPS als Dämmstoff sei doch viel zu hoch.
EPS ist ein brennbares und leicht schmelzendes Material. Wenn es zwischen der Mauer und einer Putzschicht liegt, dann kann es wie ein Kamin ein eindringendes Feuer von einer zur nächsten Etage übertragen. Daneben sonderte es unter Hitze unangenehm riechende und giftige Gase ab. Damit ist nicht zu spaßen. Insofern ist die Sorge der Hausbesitzer berechtigt.
Nun ist die Brandgefahr von Baustoffen kein besonders neues Phänomen und Bauordnungen, Technische Regeln, Baustoffprüfung und Zulassungen nehmen seit Jahrzehnten und Jahrhunderten darauf Rücksicht. Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) prüft und vergibt Zulassungen z.B. auch für die Wärmedämmverbundsysteme. Wer die Zulassung und die Herstelleranweisungen des jeweiligen Systemanbieters beachtet, geht kein erhöhtes Brandrisiko ein.
EPS ist als B2-Baustoff klassifiziert. Das bedeutet: Das Material ist zwar brennbar, aber schwer entflammbar. Erreicht wird dies durch Zusatz von Flammhemmern. Bis vor einigen Jahren war dies HBCD. Mittlerweile ist dieser Stoff als giftig weltweit verboten. Andere Flammschutzmittel werden eingesetzt, so dass die Eigenschaft der schweren Entflammbarkeit erhalten bleibt.
Übergreifen von Bränden in darüber liegende Etagen verhindern
Im Grunde ist es recht einfach, die Gefahr des Übergreifens eines Brands aus einer Etage in darüber liegende zu verhindern. Es braucht unbrennbare Barrieren, sogenannte Brandriegel. Am wirkungsvollsten sind diese direkt über den Fenstern angeordnet, siehe Grafik links. Das Feuer schlägt zunächst aus den Fenstern und belastet massiv den Fenstersturz. Wenn es hier nicht weiter kommt, ist das Feuer zumeist schon wieder zurückgegangen bevor überhaupt der Putz durchschlagen ist. Versuche des DIBt, wie auch des IVH (Industrieverband Hartschaum) zeigen dies.
Das nach dem Brandversuch geöffnete WDVS zeigt deutlich, dass die Brandausbreitung durch den Brandriegel verhindert wird, Foto: IVH, zitiert nach www.bauplaner-special.de.
Leider allzu oft wird jedoch diese beste Sicherheitsmaßnahme aus Kostengründen oder auch nur aus Bequemlichkeit vernachlässigt. Bei größeren Gebäuden (mehr als zwei Geschosse) sind entweder Brandriegel über jedem Fenster oder aber umlaufende Brandriegel mindestens über jedem zweiten Geschoss gefordert. Diese umlaufenden Brandriegel erfordern deutlich weniger Aufwand, sind aber eben auch nur die zweitbeste Wahl.
Bei dem nebenstehenden Beispiel mit ausgebautem Dachgeschoss sollte man sich überlegen, ob der Dachüberstand eine ausreichend wirkungsvolle Barriere darstellt oder ob nicht die Brandriegel anders angeordnet werden müssen, um alle Bewohner des Hauses zu schützen (siehe Grafik mit zwei Brandriegeln).
Doch auch umlaufende Brandriegel sehe ich nicht immer auf den Baustellen. Oftmals – wie auf dem Foto zu sehen – sind auch Dämmungen an viergeschossigen Bauten komplett ohne Brandriegel ausgeführt.
Wer so baut riskiert Menschenleben! Planer und Bauleiter die eine solche Ausführung zulassen oder gar anordnen riskieren hohe Strafen, wenn ein Mensch durch ihre Schuld zu Schaden kommt. Der Fehler liegt aber eindeutig nicht beim Dämmsystem, sondern bei der nicht korrekten Ausführung.
Die allgemeinen Regeln:
- Normal entflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen durch eine kleine Flamme (Streichholz) entzündbar sein, dann aber nur langsam fortschreitend brennen. So sind z.B. Holzfassaden.
- Schwer entflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei Einwirkung einer größeren Zündquelle nicht zu einer schnellen Brandausbreitung führen, der Brand muss lokal begrenzt bleiben. So ist ein ordentlich ausgeführtes WDVS mit EPS und Brandriegeln zu sehen.
- Nicht brennbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei einem teilweise oder voll entwickelten Brand nicht wesentlich zum Brand beitragen, ein lokales Mitbrennen kann aber auftreten. Das ist WDVS mit Mineralwolle.
- Leicht entflammbare Baustoffe dürfen grundsätzlich nicht an Fassaden verwendet werden. Daher gibt es EPS auch nur im WDVS mit einer Putzschicht.
- Am Gebäuden bis zu 7 m Höhe dürfen normal entflammbare Baustoffe als Fassadenbekleidungen ohne zusätzliche Brandschutzmaßnehmen (wie Brandschutzriegel) verwendet werden.
- An Gebäude ziwschen 7 und 22 m Höhe ist baurechtlich die Verwendung mindestens schwer entflammbarer Fassadenbekleidungen vorgeschrieben.
- Für Hochhäuser über 22 m Höhe dürfen ausschließlich nicht brennbare Fassadenbekleidungen verwendet werden.
Bildnachweise:
Hausbrand, Foto: Gregor Reisch – net-BULL media production / pixelio.de
Drei Skizzen mit Brandriegeln: Grafik: Ingenieurbüro Matthaei 2012
Geöffnetes WDVS nach Brandversuch, Foto aus www.bauplaner-special.de 2012
Neubau ohne Brandriegel, Foto: O.Matthaei 2012