Wärmedämmung aufdoppeln

gedämmte Fassade - Aufdoppeln nicht möglichUnter dem Titel „NACHDÄMMUNG („AUFDOPPELUNG“) ALTER WÄRMEDÄMMVERBUNDSYSTEME AN WOHNGEBÄUDEN“ hat das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM eine Studie zum Thema durchgeführt. Der Forschungsbericht wurde mit Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-und Raumforschung BBSR gefördert. Weitere Projektpartner: Brillux, alsecco, Caparol und sto.

Im Abschlussbericht, der im Juli vorgestellt wurde, zeigen die Autoren (Architekt Dr.-Ing. Klaus-Dieter Clausnitzer, Dipl.-Ing. Max Fette, Karen Janßen M.A. und Dr.-Ing. Stefan Lösch) Methoden, Technik, Regeln, wirtschaftliche und ökologische Potenziale des nachträglichen Dämmens bereits gedämmter Wände auf. Es geht dabei um solche Gebäude, die bereits früher, etwa von 1950 bis 1995, ein Wärmedämmverbundsystem erhalten haben, heutigen Anforderungen jedoch nicht mehr gerecht werden. Dabei klassieren die Autoren solche Wände als nicht zukunftsfähig, deren Wärmedurchgangskoeffizient bei U > 0,35 W/m²K liegt. Als einfacher nachzumessenden Grenzwert geben sie maximal 10 cm Dämmdicke bei Wärmeleitwerten von λ = 0,040 W/mK an.

Aufdoppeln an alten WDVS des letzten Jahrhunderts

Typisch aus dieser Epoche sind Wände mit solchen alten WDVS mit Dämmdicken von 6 cm, die U-Werte um die 0,42 W/m²K aufweisen. Hier empfehlen die Verfasser der Studie Aufdoppeln mit 10 cm Dämmdicke in λ = 0,035 W/mK und Putzoberfläche. Damit erreicht man einen neuen Wärmedurchgangskoeffizienten von U = 0,19 W/m²K. Das Ziel sei immer, U-Werte unter 0,2 W/m²K zu erreichen.

Wichtig sind die Hinweise auf die Notwendigkeit der bauaufsichtlichen Zulassung der verbauten Systeme. Auch die Frage nach dem Brandschutz ist erneut zu stellen. Die Studie weist hier sehr eindrücklich darauf hin, dass nicht nur das neue WDVS, sondern das Gesamtsystem aus alter und neuer Dämmung betrachtet werden müssen: „Hier ist es wichtig, dass sich die Brandklassifizierung nach dem schwächsten Glied richtet: ein normalentflammbares Alt-WDVS kann durch eine Aufdoppelung nicht zu einem schwerentflammbaren System umgewandelt werden.“ In der Konsequenz bedeutet dies, dass Brandriegel eingezogen werden müssen, die beide Lagen sichern. Der bauliche Aufwand ist erheblich. Dennoch gewinnen die Bewohner hierdurch an Sicherheit.

IFAM2016-Tabelle18: Einsparpotenzial der Aufdoppelung
Die Studie schätzt das Potenzial an nachzudämmenden Außenwänden auf 417 Mio. m². Damit ist gut die Hälfte sämtlicher Gebäude-Außenwände erfasst.

Eigene Bewertung des Aufdoppelns von WDVS

Obwohl hier ein erhebliches Potenzial schlummert, muss man doch in Frage stellen, ob das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands so erreichbar sein wird. Die Energieeinspar-Verordnung EnEV sieht für Außenwände im Referenzgebäude einen U-Wert von U = 0,28 W/m²K vor. Damit liegt der Vorschlag der Studie deutlich besser.

Auch die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit kann bezweifelt werden. Die durchschnittlichen Investitionskosten inkl. Gerüst, Verbreiterung Ortgang, usw. wurden in der Studie mit 107,33 € inkl. USt. beziffert. Bei einer Einsparung von 22 kWh/m² an Erdgas (zu 7 Cent/kWh) ergeben sich Kosteneinsparungen von ca. 1,54 €/m²a, was zu einer Amortisationszeit von 70 Jahren führt. Lediglich, wenn sowieso Maßnahmen vorgenommen werden müssen (Gerüst muss für Neuanstrich oder Ausbesserungen gestellt werden), und zusätzlich Fördermittel in Anspruch genommen werden können, wird die zusätzliche Dämmung wirtschaftlich interessant.

Der gesamte Bericht steht zum Download auf den Webseiten des IFAM: Projektbericht „Nachdämmung“

Bildnachweise:
Foto „Haus mit alter, gedämmter Fassade“, Foto: Archivbild Ingenieurbüro Matthaei
Tabelle „Potenzial an End-, Primärenergie und CO2-Einsparung im Jahr 2030 gegenüber 2015 bei Aufdoppelung alter, unzureichender WDVS bei Wohngebäuden in Deutschland“, Quelle: Abschlussbericht des IFAM 2016

Weitere Beiträge zum Thema Wärmedämmverbundsystem:
Artikel vom 04.08.2016: Der klimaneutrale Gebäudebestand von Björn Katz auf stromauskunft.de
Artikel vom 04.02.2016: Energie-Effizienz – Bau-Ökologie – Klimaschutz
Artikel vom 30.07.2015: Empfehlungen zur Sicherstellung der Schutzwirkung von Wärmedämmverbundsystemen (WDVS) aus Polystyrol
Fachbeitrag: Morgenfeuchte an Fenstern und Wänden

Ingenieurbüro Matthaei