Wärmepumpen in Bestandsgebäuden: Sinnvoll oder nicht?
In Neubauten hat die Wärmepumpe die Gasheizung als dominierende Heizungsart längst abgelöst. So setzt mittlerweile mehr als die Hälfte aller neu gebauten Wohngebäude auf eine Wärmepumpe als primäres Heizungssystem. Doch was den Bestand angeht, ist das Heizen mit Umweltwärme umstritten.
Rund 30 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland entfallen auf Bestandsgebäude. Eine Klimawende ohne den Bestand mitzunehmen, ist demnach undenkbar. Doch während die Antwort auf den Klimawandel für Neubauten in der Wärmepumpe gefunden worden zu sein scheint, gestaltet sich die Heizungssanierung im Altbau deutlich komplexer.
Temperaturhub stellt Wärmepumpen vor Herausforderungen
Je geringer die Differenz zwischen der gewünschten Raumtemperatur und der Temperatur der Wärmequelle wie der Umgebungsluft, der Erdwärme oder dem Grundwasser, desto effizienter arbeitet eine Wärmepumpenheizung. Die höchste Effizienz erreichen Wärmepumpen bei niedrigen Vorlauftemperaturen zwischen 30 und 55 Grad Celsius.
Herkömmliche Heizkörper sind meist auf Vorlauftemperaturen zwischen 60 bis 80 Grad Celsius ausgelegt. Auch der oft niedrige Dämmstandard führt dazu, dass Wärmepumpen in Bestandsgebäuden deutlich härter arbeiten müssen, als es in gut gedämmten Neubauten mit Fußbodenheizung der Fall ist.
Unter optimalen Voraussetzungen generieren Luft-Wasser-Wärmepumpen aus einem Teil Strom ein Vielfaches an Wärme. Das Verhältnis von zugeführter zu erzeugter Energie drückt der Coefficient of Performance aus. Ein COP-Wert von 4 beispielsweise bedeutet, dass eine Wärmepumpe aus einer Kilowattstunde Strom die vierfache Menge Wärmeenergie erzeugt.
Dieses Verhältnis kann sich in Altbauten deutlich weniger spannend gestalten. So führen die hohen Vorlauftemperaturen dazu, dass der Stromverbrauch der Wärmepumpe überproportional zur erzeugten Wärmemenge steigt. Ab einem gewissen Punkt ist der Einsatz einer Wärmepumpe weder wirtschaftlich noch energetisch sinnvoll.
Feldtest untersucht 56 Bestandsgebäude
Soweit lautet die Theorie. Ein Feldtest des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) allerdings legt nahe, dass Wärmepumpen durchaus auch im Bestand sinnvolle Anwendungsfälle finden. Die Studie WPsmart im Bestand untersuchte über fünf Jahre Wärmepumpen in 56 Wohngebäuden. Das Alter der Gebäude lag zwischen 15 und 170 Jahren bei unterschiedlichen energetischen Standards. Das erstaunliche Ergebnis: In fast allen Gebäuden arbeiten die Wärmepumpen effizient und zuverlässig.
Gegenstand der Untersuchung waren sowohl Luft-Wasser-Wärmepumpen als auch Erdwärmepumpen. Laut Messdaten kamen die Luftwärmepumpen im Mittel auf eine Jahresarbeitszahl von 3,1. Über den Verlauf eines Jahres erzeugen sie somit aus einem Kilowattstunde Strom die 3,1-fache Menge an Wärmeenergie. Bei den untersuchten Erdwärmepumpen lag die gemittelte Jahresarbeitszahl sogar bei 4,1. Über den Gebäudebestand hinweg ließen sich somit CO2-Einsparungen von 27 bis 61 Prozent gegenüber einer Gas-Brennwertheizung erzielen.
Auch was die Bedienbarkeit der im Bestand installierten Wärmepumpen angeht, zieht die Studie eine positive Bilanz. Demnach sei es kaum zu Betriebsstörungen gekommen. Auch Fehler bei der Installation waren deutlich seltener, als dies bei früheren Feldtests der Fall war.
Trotz positiver Studienergebnisse: Energetische Zustand ist entscheidend
Doch auch wenn die Ergebnisse des Feldtests des Fraunhofer ISE positiv stimmen: Nicht in jedem Fall macht eine Wärmepumpe im Gebäudebestand uneingeschränkt Sinn. Dabei ist weniger das Alter des Gebäudes entscheidend, als dessen energetischer Zustand.
Hier liefert der Heizwärmebedarf einen guten Anhaltspunkt. Je niedriger der Heizwärmebedarf ausfällt, desto höher der Effizienzgewinn durch eine Wärmepumpe. Damit sich eine Wärmepumpe lohnt, ist nicht immer gleich das Nachrüsten einer Fußbodenheizung erforderlich. So gibt es auch moderne Niedertemperatur-Heizkörper, die mit niedrigen Vorlauftemperaturen funktionieren. Auch das Nachrüsten einer Deckenheizung, die ebenfalls mit niedrigen Vorlauftemperaturen arbeitet, gestaltet sich oft unkomplizierter als der Einbau einer Fußbodenheizung.
Unter den richtigen energetischen Voraussetzungen kann eine Wärmepumpe auch in einem 170 Jahre alten Gebäude effizient heizen, wie die Messdaten der Studie belegen. Welche Maßnahmen hierbei erforderlich sind, gilt es im Einzelfall zu prüfen. Eine Wärmepumpe im Altbau ist demnach möglich, die Planung und Beratung durch Fachleute jedoch umso wichtiger.
Autorin: Lena Niemann, Redakteurin bei ENPO
Bildnachweis:
Außeneinheit einer Luft-Wärmepumpe, Foto: HarmvdB, 2021 (Inhaltslizenz)
Weiterführende Beiträge:
Ratgeberartikel: Wärmepumpe im Altbau
Studie: WPsmart im Bestand des Fraunhofer ISE
Fachbeitrag: Luftwärmepumpe
Artikel vom 16.11.2020: Wärmepumpen – Einsatz und Grenzen