Wärmedämmverbundsysteme wirken

24. Feb. 2015 von Karin Müller

WDVS-Bashing ist Volkssport in deutschen Medien.

FassadendämmungWarum propagieren Energieberater die Dämmung von Bestandsgebäuden mit Wärmedämmverbundsystem, während in der öffentlichen Presse, insbesondere im Fernsehen, immer wieder vor den Risiken gewarnt wird? Sind Energieberater zu dumm? Sind sie von der Industrie gekauft? Was ist an den Vorwürfen dran, WDVS helfe nicht dabei, Energie zu sparen, sei brandgefährlich und führe zu Schimmel in sanierten Häusern? Weil diese Diskussion aus Energieberatersicht überwiegend dumm ist, bleibt dieser Artikel kurz. Es wird nicht jedes Thema das zum Dämmen gehört behandelt und die Bauphysik nur kurz angerissen. Zu jedem der Themen haben wir Links zu weiteren Artikeln gesetzt, die dem interessierten Leser zur Vertiefung dienen.

WDVS hilft Energie zu sparen

Mit Wärmedämmverbundsystem (WDVS) wird meist ein Dämmsystem beschrieben, bei dem expandiertes Polystyrol (EPS) auf Wände geklebt wird. Darauf kommt eine armierte Unterputzschicht und ein Oberputz oder Deckputz. Der Sinn von Wärmedämmung ist, den Wärmedurchgang durch Außenbauteile zu begrenzen. Dafür gibt es grundsätzlich verschiedene Mittel. EPS ist nur eine der Möglichkeiten. Es können auch z.B. Mineralfaser, Stroh, Hanf, Holzfaser oder Glasschaum als Dämmstoffe eingesetzt werden. Immer geht es darum, Warm und Kalt zu trennen und den Wärmefluss zu verringern. Das hilft im Winter, die Wohnung mit weniger Heizenergie warm zu halten und im Sommer gegen Überhitzung durch eindringende Wärme. Durch das Dämmen steigt die Behaglichkeit im Haus durch höhere Oberflächentemperatur und es sinkt der Energieaufwand.

WDVS sollte vor Allem in der Sanierung seinen Platz haben. Für Neubauten wird es jedoch von einfallslosen Architekten, Bauträgern und auch von privaten Bauherren eingesetzt, weil es zunächst die billigste Bauweise darstellt. Tragendes Mauerwerk aus Kalksandstein plus WDVS ergibt billige Wände. Da bei derzeitiger Mode der Architektur oft Dachüberstände fehlen oder sehr gering gehalten werden und weil durch die geringere Oberflächentemperatur auf der Außenseite die Flächen häufiger von Tau befallen werden, der die Oberflächen lange feucht hält, wachsen mehr Algen und Pilze darauf. Daher muss häufiger gestrichen werden als bei ungedämmten Häusern.

WDVS-SchadenBeim Dämmen mit WDVS können viele Fehler gemacht werden, die zu sehr unterschiedlichen Schäden führen. Falsche Planung oder Ausführung sollte man jedoch nicht zum Anlass nehmen, das gesamte System in Verruf zu bringen. Das wäre genau so verrückt, wie aus dem Fakt der Undichtigkeit mancher Dächer herauszulesen, dass Dächer generell schädlich seien. Im Bild rechts sind Dübel nicht überdämmt worden, das führt zu punktförmigen Wärmebrücken, die sich später abzeichnen. Ein überwiegend ästhetischer „Schaden“, hervorgerufen durch Algenwachstum auf den kühleren Flächen – zwischen den Dübeln.

WDVS brennt nur im Ausnahmefall

HausbrandEPS ist ein als schwer entflammbar klassierter Baustoff. WDVS brennt nicht einfach so, sondern erst, wenn es massiv mit Feuer traktiert wurde. Die meisten Brände entstehen in Wohnungen. Durch die Hitze bersten Fensterscheiben und das Feuer lodert heraus und kann dann auf die nächste Etage übergreifen. Wenn der Putz im WDVS des Fenstersturzes nach einer Weile zerstört ist, entzündet sich herabtropfendes EPS, später kann es auch in der Fassade zwischen Mauer und Außenputz brennen. Bei hohen Gebäuden kann es hier zu einem Kamineffekt kommen, der sehr schnell das Feuer von Etage zu Etage trägt. Daher darf WDVS auf EPS-Basis nicht im Hochhausbau eingesetzt werden und bereits ab drei Geschossen müssen Brandriegel über Fenstern oder umlaufend um das Gebäude eingebaut werden. Über die Regeln für den Brandschutz bei WDVS wurde bereits im Fachbeitrag Brandschutz und Fassadendämmung ausführlicher berichtet.

Wärmedämmung verhindert Schimmel

Leider all zu häufig wird kolportiert, das Dämmen von Gebäuden mit WDVS führe zu Schimmel. Diese Behauptung ist schlicht falsch! Richtig ist vielmehr, dass durch das Dämmen von Gebäuden auf der Außenseite die Temperatur der inneren Bauteile und der inneren Oberfläche der Außenbauteile steigt. Damit sinkt die Gefahr der Schimmelbildung beträchtlich, denn Schimmel entsteht da, wo durch Absenken der Temperatur die relative Luftfeuchtigkeit höher als etwa 80% ist. Schimmel braucht noch kein flüssiges Wasser, sofern die Luftfeuchte nur hoch genug ist. Wenn aber die Wände wärmer sind, dann kann es davor kaum zu Schimmelbildung kommen. Es sei denn: Wenn die Luftfeuchtigkeit im Raum sehr hoch ist, dann reicht es eben doch für den Schimmel. Und zu hoher Luftfeuchtigkeit kommt es – nein, nicht durch Dämmung mit WDVS sondern – durch unzureichendes Lüften.

Das ist allerdings ein Thema, an dem Energieberater oftmals eine Mitschuld tragen, wenn sie nicht ausreichend über die Veränderungen an einem Sanierungsobjekt aufklären. WDVS hat hierbei überhaupt keine Bedeutung, sondern der Einbau neuer, dichter Fenster. Dabei ist es egal, ob es sich um ein Fenster mit Zweifach- oder Dreifach-Verglasung handelt, auch eine einfache Glasscheibe ist absolut luftdicht. Es geht um die Dichtheit des Rahmens. Heutige gute Fenster haben drei Dichtungsebenen. Sofern das Fenster geschlossen ist, darf hier keine Luft hindurch kommen.Schimmel-an-Aussenkante-140114 Das bedeutet aber, dass die vorher vorhandene Lüftung durch diverse im Haus vorhandene Ritzen und besonders die alten, undichten Fenster nicht mehr vorhanden ist.

Daher ist es Pflicht (!) ein Lüftungskonzept zu erstellen, wenn Fenster erneuert werden oder das Dach gedämmt wird. Dabei kommt der Planer regelmäßig zu dem Ergebnis, dass lüftungstechnische Maßnahmen erforderlich werden. Und genauso regelmäßig wehren sich Bauherren mit Händen und Füßen dagegen, diese umzusetzen. Die Fensterlüftung einmal morgens einmal abends, die früher immer ausreichte, wird dann jedoch nicht mehr reichen. Die Folge ist Schimmelbildung.
 

Wirtschaftskrieg um das richtige Dämmsystem

Es hat den Anschein, dass es bei der Auseinandersetzung um Wärmedämmverbundsysteme nicht so sehr um Fakten geht, als vielmehr um Wirtschaftsinteressen. Wie oben deutlich geworden sein sollte, ist WDVS nicht die erste Wahl für Neubauten. Es ist aber wohl aus preislichen Gründen der Kalksandstein-Industrie gelungen, aus KS und WDVS ein Gesamtsystem zu kreieren, das von Bauherren und Planern gerne angenommen wird. Das aber gräbt der Ziegelindustrie die Kunden ab, die lieber auf ein monolithisches System schielen. Ungedämmte oder gedämmte Lochziegel haben U-Werte im Bereich unter 0,1 W/mK und erfüllen somit die tragende und die dämmende Funktion in einem Baustoff. Sie sind allerdings um einiges teurer als das KS/WDVS-System. Es bleibt die Frage, warum sich so viele Reporter und Redakteure vor den Karren spannen lassen und gegen das WDVS polemisieren. Wahrscheinlich haben sie aus Halbwissen heraus einfach Spaß am Bashing. Wenn man dagegen ist verkauft man besser, als wenn man dafür ist. Ob’s sinnvoll ist? Wen interessiert das schon.


Bildnachweise:
„Fassadendämmung“, „Schadenbild auf WDVS“, „Schimmel in Aussenkante“ Archivbilder Ingenieurbüro Matthaei
„Hausbrand“, Foto: Gregor Reisch – net-BULL media production / pixelio.de

Ingenieurbüro Matthaei
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