Sommerlicher Wärmeschutz
Kennen Sie das: Die Sonne scheint, die Luft draußen ist 30° warm, Sie schwitzen, kommen nach Hause und freuen sich auf Schatten. Am ersten Tag ist es toll in die kühle Wohnung zu kommen, am zweiten geht’s noch so la la. Aber schon nach drei Tagen Sommerhitze halten Sie es in der Wohnung kaum noch aus. Es ist fast so warm wie draußen und nachts kühlt es sich kaum ab. Was ist da schief gelaufen?
Das Phänomen der sommerlichen Überhitzung kennen sowohl Massivhaus-Bewohner als auch diejenigen im Leichtbau. Besonders häufig tritt die Überhitzung in nur mäßig gedämmten Dachräumen und in Räumen mit großen Fenstern nach Süden auf. Was wir im Winter schätzen, die Sonneeinstrahlung durch die Fenster, die die Wohnung erwärmt, hat im Sommer manchmal fatale Folgen. Binnen weniger Stunden heizt sich ein von der Sonne durchfluteter Raum in unerträglichem Maße auf.
Doch auch durch die opaken Bauteile (Wände. Dächer) dringt die Wärme mit einer zeitlichen Verzögerung ein. Die Erwärmung muss die Masse der Bauteile erreichen. Je nach (Dämm-)Stoff geschieht dies schneller oder langsamer. Neben der Wärme dämmenden Wirkung hat jeder Stoff auch eine Masse und eine Wärmekapazität. Das erklärt, warum im Holz-Leichtbauhaus bereits Abends eine sehr hohe Temperatur erreicht ist, während das massiv gemauerte Haus einige Tage lang noch kühler bleibt und auch die Temperatur-Amplitude nicht so stark ausschlägt, wie im Leichtbau. Die Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen dem Verlauf der Außentemperatur und der Innentemperatur bei verschiedener Bauweise.
Besonders hoch Wärme-gedämmte Häuser können leicht von zu hohen Temperaturen „heimgesucht“ werden. Bei der Sanierung eines 80er-Jahre-Baus mit großen Fenstern, die den Großteil einer Raumwand einnehmen ist folgendes Szenario nach einer Sanierung denkbar. Die Sonne dringt relativ ungehindert in den Raum ein, dessen Wände, Decke und boden sich nun von innen her erwärmen. Nachts wird es draußen zwar kühler, durch die gedämmte Fassade kann die Wärme aber kaum entweichen. Sie ist in den schweren Mauern, sogar in den Innenbauteilen gespeichert. Selbst durch nächtliches Lüften kann die Wärme nicht abgeführt werden. Der Raum wird unbewohnbar.
Zu Recht könnte ein Planer für eine derartige Sanierung auf einen Planungsfehler verklagt werden. Sicherlich ist es nicht nötig, jeden Raum eines Hauses auf eine mögliche sommerliche Überhitzung zu prüfen oder gar eine differenzierte Gebäudesimulation durchzuführen. Bei einer offensichtlichen Gefahr durch große Fenster aber sollte jeder Planer an den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes denken.
Zumeist sind es relativ überschaubare Maßnahmen mittels derer sich der Bewohner zukünftig schützen kann, wenn die Maßnahmen rechtzeitig geplant werden. Speichermassen an der richtigen Stelle, Sonnenschutz – möglichst außen liegenden – vor den Fenstern und eine geregelte Nachtlüftung können die Erwärmung in Grenzen halten. Die Installation von Kühlaggregaten oder Klimaanlagen mit hohen energetischen Folgekosten, wird dann unnötig. Auch die Wärmedämmung auf massiven Wänden hilft. Die Wärme dringt nur langsam ein und muss innen von der großen Speichermasse der Mauern aufgenommen werden, die sich dann sehr, sehr langsam erwärmen. Allerdings wird auch kaum Wärme nach außen abgegeben. Das heißt, das alle Wärme nun über die Inneraumluft abgegeben werden muss. Bei intensivierter Lüftung in der zweiten Nachthälfte (wenn man denn in einer ausreichend ruhigen Gegend wohnt) kann viel dieser Wärme nach draußen gelüftet werden.
Sonnenschutz vor den Fenstern kann sehr unterschiedlich ausgeführt werden. Die klassische Methode, die auch heute noch gerne in südlichen Ländern angewandt wird, sind Schlagläden vor den Fenstern. Im Nichtwohnungsbau gerne angewandt sind senkrechte, verstellbare Lamellen in einer zusätzlichen Montageebene, aber auch horizontaler Schutz über dem Fenster, sozusagen ein Dach, wird genutzt. Diese Anordnung hat den Vorteil, dass sie sich jahreszeitlich verschieden verhält. Während im Hochsommer die Sonne hoch steht und vom Vorbau abgefangen wird, kann die tief stehende Wintersonne ungehindert bis tief in den Raum eindringen. Insbesondere bei großen Fenstern kann es ratsam sein, Sonnenschutzgläser zu verwenden. Diese lassen weniger Lichtenergie eindringen, die sich im Raum in Wärme verwandeln könnte.
Für Technik-Begeisterte gibt es die Steuerung von Jalousien oder verschieblichen Sonnenschutz-Wänden mit Hilfe von Bus-basierter Haus-Automatisierung. Sensoren erkennen Temperatur und Sonnenstand und verfahren daran angepasst die Sonnenschutz-Einrichtungen oder öffnen und schließen Lüftungsöffnungen. Es kann sogar noch weiter gehen. Dann werden Wetter-Prognosedaten mit verarbeitet, um den Energiegewinn und den sommerlichen Hitzeschutz zu optimieren.
In sehr großen Gebäuden kann es sein, dass solche passiven Elemente zur Aussperrung der Sonne nicht ausreichen, um den sommerlichen Wärmeschutz sicher und unter allen Betriebszuständen zu bewerkstelligen. Dann ist die frühzeitige Planung noch wichtiger, denn dann müssen aktive Elemente eingesetzt werden, die sich kaum nachrüsten lassen. Echte Klimaanlagen, die die Luft konditionieren und auch zur Kühlung eingesetzt werden oder durch Heiz- und Kühlschlangen aktivierte Bauteile benötigen Platz und Planung im Gebäude. Die Energie-Effizienz derartiger Anlagen ist natürlich immer schlechter als diejenige von passiven Bauteilen, die allenfalls ein wenig Energie zum Verstellen benötigen.
Dächer haben prinzipiell eine geringere Speichermasse, so dass die Erwärmung hier stärker wirkt (siehe Grafik zum Temperaturverlauf von Massiv- und Leichtbau). Abgemildert werden kann die Wirkung, indem statt Minderalwolle und Polyurethan-Hartschaum Holzwolle oder Zelluloseflocken eingebaut werden. Die Dämmdicken müssen für den gleichen winterlichen Wärmeschutz dann dicker ausgeführt werden, bieten aber eine deutliche Phasenverschiebung. Die neben stehende Grafik der Firma Gutex zeigt die Wirkung der Phasenverschiebung und Amplitudendämpfung, die so natürlich nur erreichbar ist, wenn es gelingt, die eingetragene Wärme komplett wieder abzuführen.
Das Ingenieurbüro Matthaei unterstützt Bauherren und Architekten bei der Planung und dem Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes: Fachplanung.